Gerinnung –
Störungen der
primären Gerinnung

Aktuelle Informationen zu Störungen der
primären Gerinnung und zum Einsatz von
Desmopressin.

Inhalt

Verbesserung der primären Hämostase durch Kombination von Desmopressin + Tranexamsäure

Thrombozytäre Gerinnungsstörungen

Thrombozytäre Gerinnungsstörungen, Stufendiagnostik
(aPTT: aktivierte partielle Thromboplastinzeit, PFA-100: Platelet Function Analyser,
vWF: von-Willebrand-Faktor).

Präoperative Identifikation von Patienten1

  • Standardisierte Blutungsanamnese (strukturierter Fragebogen) ist einem alleinigen Screening durch Routinegerinnungstests (Thrombozytenzahl, Quick- Wert, aPTT) in der präoperativen Hämostaseabklärung überlegen
  • Thrombozytenfunktionsstörungen werden durch globale Gerinnungstests nicht erfasst
  • Häufigster Grund für eine erworbene Thrombozytopathie: Medikamenteneinnahme (innerhalb der letzten 2 – 3 Wochen vor OP)
  • Wahrscheinlichkeit der Ursachen bei verstärkter Blutungsneigung und normalen Globalgerinnungstests: Thrombozytopathie > von-Willebrand-Syndrom > Hyperfibrinolyse.

 

Basistest Erweiterte Analytik Spezialanalytik
aPTT

vWF:Ag
(von-Willebrand-Faktor:Antigen)

RIPA
(ristocetininduzierte Thrombozytenaggregation)
Faktor VIII:C
(Clotting-Aktivität)
vWF-Aktivität
(GPIb-Bindungsaktivität)
Multimerelekrtophorese
Thrombozytenzahl vWF:CBA
(von-Willebrand-Faktor:kollagenbindende Aktivität)
vWF in Thrombozyten
PFA-100 (200)   vWF:Faktor VIII BA
(von-Willebrand-Faktor:Faktor-VIII-bindende Aktivität)
Blutungszeit   Gendiagnostik

Thrombozytäre Gerinnungsstörungen1

Thrombozytopenie – erworben
  • medikamenteninduzierte Thrombozytopenie (DITP)
  • Immunthrombozytopenie (ITP)
  • posttransfusionelle Purpura (PTP)
  • thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)
Thrombozytopathie – erworben
(meist medikamenteninduziert oder organassoziiert)
  • medikamentenassoziierte Thrombozytopathie, z. B. durch Azetylsalizylsäure, nicht steroidale Antiphlogistika

  • medikamentenassoziierte Thrombozytopathie, z. B. durch ADP-Rezeptor-Antagonisten wie
    Clopidogrel, Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, GPIIb/IIIa-Antagonisten

  • Urämie

Thrombozytopathie und -penie – erworben
  • myeloproliferative Erkrankungen
  • hochgradige Aortenklappenstenose (erworbenes von-Willebrand-Syndrom)
  • chronische Leberkrankheiten
  • Leberzirrhose
  • disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC)
  • traumainduzierte Koagulopathie (TIC)

Therapeutisches Vorgehen
Präparat, Dosisberechnung, Zielwert1 

Thrombozytopenie – erworben

wenn < 50.000/µl:

  • Thrombozytenkonzentrate (TK)
  • TK ohne Effekt => Prednisolon-Gabe:
    100 mg präoperativ über 4 Tage
  • Prednisolon ohne Effekt  => Immunglobulin-Gabe:
    0,4 g/kgKG präoperativ über 4 Tage
  • > 80.000/µl; Zielwerte abhängig von Ursache der
    Thrombopenie und vom geplanten Eingriff

wenn ≥ 50.000–100.000/µl:

  • Desmopressin (0,3 µg/kgKG) i. v.
    als Kurzinfusion in 50 ml NaCl-Lösung
  • Tranexamsäure 1.000 mg i. v. präoperativ, dann
    250 mg/h i. v. intraoperativ bis 4 Stunden nach OP-Ende
  • dann 3 × 2 Tbl. à 500 mg p. o. bis 3 Tage postoperativ

Erworbene thrombozytäre Gerinnungsstörungen (meist medikamenteninduziert oder organassoziiert)

  • Desmopressin (0,3 µg/kgKG) i. v. als Kurzinfusion
    in 50 ml NaCl-Lösung
  • Desmopressin ohne Effekt => Tranexamsäure 500 mg i. v. präoperativ, dann 250 mg/h i. v. intraoperativ
    bis 4 Stunden nach OP-Ende
  • dann 3 × 2 Tbl. à 500 mg p. o. bis 3 Tage postoperativ
  • Medikamente ohne Effekt => Thrombozytenkonzentrat: ein Apheresekonzentrat präoperativ,
    ein zweites intraoperativ

Ziel: Normalisierung der jeweiligen pathologischen Thrombozytenfunktionstests

von-Willebrand-Syndrom
  • Faktor-VIII-Konzentrate mit vWF (1:1, 1:2,4, > 1:10)(plasmatisch)
  • Initialdosis (IE): Körpergewicht (kg) x 50 (40–60), Folgedosis: 1- bis 2-mal täglich (nach individueller Genesung)
  • bei nicht ausreichender Faktorenaktivität (große OP > 50–100 %; kleine OP > 40–50 %) Desmopressin (0,3 μg/kgKG) i. v. als Kurzinfusion in 50 ml NaCl-Lösung

Behandlungsprinzip:

  • Ausschüttung des endogenen vWF aus Speicherorganellen
  • Ersatz des vWF durch Plasmapräparate
Typ Therapie der Wahl Zusätzliche Gabe

Typ 1

Desmopressin, Faktor-VIII/vWF-Konzentrate

Tranexamsäure

Typ 2

Faktor-VIII/vWF-Konzentrate, Desmopressin

Tranexamsäure

Typ 2A

Faktor-VIII/vWF-Konzentrate, Desmopressin

Tranexamsäure

Typ 2B

Faktor-VIII/vWF-Konzentrate, Desmopressin

Tranexamsäure

Typ 2N

vorwiegend Desmopressin

Tranexamsäure

Typ 3

Faktor-VIII/vWF-Konzentrate

Thrombozytenkonzentrate, Tranexamsäure

Erworbenes vWS

Faktor-VIII/vWF-Konzentrate

Therapie der Grunderkrankung

 

Auftreten thrombozytärer Gerinnungsstörungen1

 

Thrombozytopenie
  • Angeborene thrombozytäre Gerinnungsstörungen sind sehr selten

  • Thrombozytopenien sind meist erworben

Thrombozytopenie
  • Erworbene thrombozytäre Gerinnungsstörungen sind meist medikamentös induziert
  • Hemmung der Plättchenfunktion kann erwünschter Effekt der Medikation sein (z.B. Plättchenfunktionshemmer wie Azetylsalizylsäure, irreversible P2Y-Hemmer  oder Ticagrelor) oder unerwünschter Nebeneffekt einer medikamentösen Behandlung
  • Klinisch relevante unerwünschte Plättchenfunktionshemmung bei Analgetika (Azetylsalizylsäure, nicht steroidalen Antirheumatika) und Antidepressiva (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer)
  • Gestörte Thrombozytenfunktion auch bei Patienten mit fortgeschrittenen Leber- und Nierenerkrankungen sowie mit hämatologischen Systemerkrankungen

Auftreten des von-Willebrand-Syndroms

Das angeborene vWS ist die häufigste Gerinnungsstörung.

Auftreten des von-Willebrand-Syndroms

Das erworbene vWS ist ätiologisch und pathophysiologisch äußerst heterogen z.B. bei

  • hämatologischen Systemerkrankungen
  • Autoimmunerkrankungen
  • Tumorerkrankungen
  • kardialen Vitien mit hohen Scherkräften

Wirkprinzip von Desmopressin bei Störungen der primären Gerinnung

Desmopressin/DDAVP

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Pharmakologische Hemmung und Verstärkung der Thrombozytenfunktion

nach Dr. med. Claus Steuernagel, Essen

Pharmakologische Hemmung der Thrombozytenfunktion

  • ASS blockiert irreversibel die Synthese des Thrombozyten-Aktivators Thromboxan (TXA2)
  • Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor blockieren den ADP-Rezeptor P2Y

  • Abciximab, Tirofiban, Eptifibatid binden an GPIIb/IIIa-Rezeptor und blockieren dadurch Bindung von Fibrinogen

Pharmakologische Verstärkung der Thrombozytenfunktion durch Desmopressin

  • Aktivierung von Thrombozyten2

  • 3 – 4-facher Anstieg des von-Willebrand-Faktors3,4

  • 2 – 4-facher Anstieg von Faktor VIII5

Dadurch Verbesserung der Adhäsion und Aggregation

  • Desmopressin als Basis für die Bildung des Fibrinnetzes, zusätzliche Gabe von Tranexamsäure zum Schutz vor Fibrinolyse2

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Anamnesebogen
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Leitlinien
Referenzen:

vWS – von-Willebrand-Syndrom
vWF – von-Willebrand-Faktor
kgKG – Kilogramm Körpergewicht
TK – Thrombozytenkonzentrat

1 Koscielny J. Thrombozytäre Gerinnungsstörungen. Aus: Referenz Intensivmedizin. 2020, Marx, Georg Thieme Verlag KG
2 Koscielny J. Hämostaseologie. DDAVP aus Kapitel 50: Hämostyptika. 2010, B. Pötzsch and K. Madlener, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg
3 Knöfler R et al. Hämostaseologie. 2012; 32(4):271-5
4 Growe G et al. Canadian Medical Association Journal. 1995; 153(2):147-57
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